Auf der Suche nach Kindertagespflegepersonen in Bietigheim-Bissingen kam Jennifer Stahl von der Bietigheimer Zeitung vor einigen Tagen auf mich zu. Sie wollte einen Artikel über Tagesmütter in Bietigheim-Bissingen schreiben und ist dabei auf „Dagis‘ Nesthäkchen“ gestoßen. Sehr gerne möchte ich euch diesen Artikel ans Herz legen. Vielen Dank an die Redakteurin.
Wunsch nach mehr Anerkennung
Zwei Tagesmütter erzählen von ihrem Alltag. Die enge Zusammenarbeit mit Kindern und Eltern macht ihnen Spaß, trotzdem bemängeln sie die fehlende Unterstützung der Kommune. Von Jennifer Stahl (bietigheimerzeitung.de)
„Mein Tagesablauf zusammengefasst? Turbulent“, lacht Dagmar Schlobach. Seit fünf Jahren ist sie unter „Dagis’ Nesthäkchen“ als Tagesmutter in Bietigheim-Bissingen tätig. „Durch mein Enkelkind kam ich darauf, da spielte die Problematik von zu wenig Kita-Plätzen und die Frage nach dem Wiedereinstieg in den Beruf eine Rolle“, sagt sie.
Die ehemalige Web- und Grafikdesignerin absolvierte daraufhin 160 Unterrichtseinheiten, diese braucht es, um als Tagesmutter tätig sein zu dürfen. Heute gelten sie als tätigkeitsvorbereitende Grundqualifizierung, anschließend gibt es weitere 140 Unterrichtseinheiten. „Die habe ich freiwillig nachgeholt“, erklärt sie. Auch Erste-Hilfe-Kurse sind für Tagespflegepersonen verpflichtend, genau wie 20 weiterbildende Unterrichtsstunden pro Jahr. Tagespflegepersonen im Kreis arbeiten eng mit dem Kompetenzzentrum Kindertagesbetreuung des Landratsamts zusammen, dieses organisiert viele Weiterbildungen und stellt die Pflegeerlaubnis aus.
Arbeit nach Maria Montessori
„Ich arbeite nach dem pädagogischen Konzept von Maria Montessori“, sagt Schlobach, „Weiterbildungen in diesem Bereich habe ich privat besucht.“ Beim Montessori- Konzept sollten sich das Lernangebot und die Lernumgebung an den individuellen Bedürfnissen und Interessen des Kindes orientieren. Schlobach lebt im alten Ortskern von Bissingen, die Zimmer der drei mittlerweile erwachsenen Kinder wurden kleinkindgerecht eingerichtet. Hier besuchen montags bis freitags jeweils von 7 bis 14.30 Uhr fünf Kinder im Alter von ein bis drei Jahren die Tagesmutter.
Fröhlicher Alltag mit den Kindern
„Wir gehen einem fröhlichen Alltag nach. Es wird gemeinsam gespielt, gefrühstückt und zu Mittag gegessen, die Kinder können in einem Ruhezimmer schlafen. Mir ist auch besonders wichtig, einmal am Tag nach draußen zu gehen, da haben wir beispielsweise mit Spielplätzen in der Nähe viele tolle Möglichkeiten“, sagt die Tagesmutter.
Die Arbeit macht ihr großen Spaß: „Es ist schön, die Kinder beim Großwerden zu begleiten und ihre Entwicklung zu beobachten.“ Tageseltern gelten in der Regel als selbstständig, die Förderung pro Kind und Stunde beträgt im Kreis 7,50 Euro. „Dieser Wert ist aber in unserem Landkreis nicht festgesetzt. Tagespflegepersonen können aufstocken, beispielsweise, wenn sie die Kosten für das Essen einberechnen möchten“, erklärt sie.
Dagmar Schlobach bemängelt jedoch eine fehlende Resonanz der Kommunen, in diesem Fall Bietigheim-Bissingen. „Vom Landratsamt erhalten wir Unterstützung, ich fände es aber auch schön, wenn von den Kommunen mehr Anerkennung kommen würde – das wäre auch ein Signal für Familien, um zu zeigen, dass es uns gibt.“
Dass der Tag nach dem Abholen noch nicht vorbei ist und unter anderem Weiterbildungen anstehen, würde auch oft in Vergessenheit geraten. „Da werden in meinem Fall aus siebeneinhalb leicht einmal neuneinhalb Stunden und mehr am Tag. Hier würden wir uns eine entsprechende Honorierung wünschen, denn auch das wird zum Wohl der uns anvertrauten Kinder getan.“
Ansprechendes Modell
Auch Teresa García Neuer ist Tagesmutter in Bietigheim. „Als ich Mutter wurde, habe ich gemerkt, wie schön es mit Kindern ist. Das Modell der Tagesmutter hat mich sehr angesprochen“, sagt sie. Seit 2012 geht sie der Tätigkeit nach, zuvor hat sie in Spanien im Bereich Animation und in Heidelberg am Empfang eines Hotels gearbeitet.
Aktuell betreut sie von 7.30 bis 13.30 Uhr acht Kinder zwischen ein und drei Jahren in ihrer Wohnung mit privatem Garten. „Wichtig ist, dass maximal fünf Kinder gleichzeitig betreut werden. Für eine Tagespflegeperson sind mehr einfach zu viel“, erklärt sie. So betreut sie vormittags fünf Kinder, drei von ihnen werden abgeholt, sodass auch nachmittags die Grenze nicht überschritten wird. Bevor die Kinder zu ihr kommen, kocht die Tagesmutter. „Dann wird gespielt und es gibt oft noch ein kleines Frühstück. Je nach Wetterlage ziehen wir uns an und gehen täglich nach draußen, um die Welt zu erkunden“, erklärt sie. Dann geht es beispielsweise auf den Spielplatz, bei schlechten Wetterverhältnissen erledigt sie auch gerne mit den Kindern Einkäufe. „Je nachdem wie die Gruppe drauf ist, fahre ich mal mit der Bahn nach Ludwigsburg. Oft sind wir auch mit einem mehrsitzigen Kinderwagen oder dem Bollerwagen draußen unterwegs.“
Spanisch etwas näherbringen
Dann steht das Mittagessen an sowie ein Mittagsschlaf, bevor die Kinder abgeholt werden. „Ich spreche auch immer wieder ein bisschen Spanisch, um ihnen die Sprache ein wenig näherzubringen“, verrät sie. Teresa García Neuer macht es viel Freude, mit den Kindern unterwegs zu sein, die Wertschätzung der Eltern freue sie sehr.
Trotzdem bemängelt auch sie die fehlende Unterstützung der Kommunen. „Großstadtpflegestellen und Kindernester werden zusätzlich finanziert – wir Tagespflegepersonen bekommen hingegen keine Unterstützung von der Stadt“, sagt sie. Auch Fortbildungen, Elterngespräche und mehr in der Freizeit würden als selbstverständlich gesehen, während pädagogische Tage in Kindergärten und Schulen hingegen als Arbeitszeit zählen.
Literaturhinweis: Stahl, Jennifer (2024). Wunsch nach mehr Anerkennung – Tagesmütter in Bietigheim-Bissingen. Zeitungsartikel. Bietigheim-Bissingen. bietigheimerzeitung.de